lunedì 7 marzo 2016


Wende.Hals, Wende.Angst und Wende.Mut


Wende.Hals, Wende.Angst und Wende.Mut
trafen sich zum Angeln.
Wollten nach recht langer Zeit
mal wieder sich zusammen tun.

Erzählten sich Geschichten, gern
von ihren Heimatdörfern.
So vieles gab es zu berichten,
der Abend brach schon bald heran.

Die Fische bissen bislang heut' nicht an,
als sie zu noch nie Erzähltem kamen
und als Erster Wende.Hals,
der immer und egal auch wo
etwas zum Besten geben wusste,
begann:


In Küsten
An der Großen Eiche,
Lag vor Jahren morgens
Eine frische Leiche.

Im Rundling
Die Leute sich trafen,
Um zu beraten,
Ob sie den Täter bestrafen.

Nur wusste Keiner,
Was eigentlich war geschehen,
Ob sie den Täter je finden.
Auch konnte Keiner
Der Leiche in die Augen sehen.

Es war die schöne Pfarrerstochter,
Die da lag; jeder Mann im Dorf,
Sie begehrte, ihr nachzusteigen suchte;
Das hatte die älteren Frauen
Des Dorfes sehr wütend gemacht
Und gegen die Junge sehr aufgebracht.

Mit zerstochenen Augen
Lag geschunden sie nun da,
Die Frauen im Dorf wirkten
Zufrieden, befriedigt gar.

Keiner konnte und wollte sagen,
Wer ward's gewesen,
So ließen sie die junge Frau
Im Wald verwesen.

Auch der Pfarrer wollte
Keine Schande,
Er gehörte also mit zur Bande,
Die zu vertuschen suchte,
Was war Ruchvolles geschehen;
Einen Täter hat Niemand
Je hängen sehen.

Und als die nächste junge Frau,
Ein Jahr später dann im Mai,
Ward gefunden, die Wirtshaustochter hold,
Gingen die Dorfleut' gleicher Maßen
Mit ihr um, man kann's wohl glauben.
So ging es dann ein jedes Jahr,
Es gab bald kaum noch junge Frauen mehr.

Doch eines Tages,
Rollten Züge durch das Land
Beladen voll mit sehr gefährlich' Gut,
Zu lagern es in salzig' Höhlen.

Keiner wollte dieses und sodann
Vergassen Alle alte Sorgen,
Machten auf sich mit so Vielen Andren
Aus dem Dorfe, Kreise, Land
Zu zeigen Gegenwehr 'gen Bestimmerhand.

Einzig die Uhr am Turm der Kirche
Zeugt seitdem von jener Stunde
Zu der jed' junge Frau einst ward gefunden,
Unter Küstens Großer Eiche schwer geschunden.
Nach dem letzten Fund blieb diese steh'n
Auf Neun, doch das Leben musste weitergeh'n.

Nundenn, so ward es Tradition,
Gab es fortan Torten von den älteren Frauen
Jedes Jahr, zur gleichen Zeit
Zu vergessen alte und zu ermahnen neue Wunden.


Als Zweiter war nun Wende.Angst
zu erzählen an der Reihe.
Er zierte sich, hatte Furcht im Kopf,
zu berichten aus seinem Dorfe.
Doch Wende.Mut sprach wohl zu ihm,
zu überlisten Angst und Furcht;
Keiner braucht sich schämen hier,
schon gar nicht für vergangene Taten,
Und Wende.Angst begann:


In Jeetzel wurden
Köpfe gezählt,
Die vom Henkersberg
Jenen Totenweg hinab
Zum Streichfeld rollten.

Und um die Ecke,
Auf dem Berg
Wohnte ein Zwerg,
Der eifrig
Eine Liste führte,
Wem Anrecht auf Platz
Auf dem Friedenhofe
Und somit Ehr' gebührte.

Und den Kapellenstieg entlang
Standen die Frommen,
Den' war entsetzlich bang.
Konnte ein Jeder doch,
Im Jeetzeldorf
Der Nächste sein,
Wessen Kopf wohl rollt'.

Trotz täglich Beten
Und wohl gerat'nem Tagwerk,
Hinten im Anger
Wurd's manch' Einem von ihnen
Dann noch banger,
Musste er das Waldstück
Dort betreten.

Nur der Schmied im Dorfe,
Ließ sich nicht beirren;
Sollten die Frommen doch brav sein,
Er tat so, wie er dachte.

Dieses war dem Zwerg,
Auf dem Berg wohl nicht geheuer
Und er legte sich und And're auf die Lauer
Zu erkunden, was der Schmied so machte.

Der machte Kunst und lebte frei,
Sollten doch die And'ren reden,
Es war ihm Einerlei.
Seine Kunst brachte ihm Ehr'
Und es kamen Leute
Wohl aus dem ganzen Land,
Den Schmied zu besuchen, zu erwerben dessen Kunst
Und er war bald weit bekannt.

Der Zwerg um die Ecke
Auf dem Berg ward neidisch und grämig,
Wollte den Schmied wohl hängen seh'n.
Doch dieser wehrte sich aber verließ das Dorf,
Bevor Schlimmes konnte geschehen:
Seitdem Jeetzel ein Ödfeld ist,
Denn auch And're verließen das Dorf ohne Frist.


Als Dritter war nun Wende.Mut gefragt,
zu erzählen aus seinem Dorfe.
Er sagte noch, seine Geschichte hätt' mehr Plaisier,
Und Wende.Mut fing an:


Aus Karmitz kam ein Mann,
Der sich nicht entmutigen ließ
Und das Leben liebte,
Gerade so, wie es kam.

Früher der Schulte im Dorfe
Sah man ihn später, als er lebte allein,
Oft durch die Straßen des Landes zieh'n.
Er malte und sang, zog sich bunt an,
War freundlich und nett zu Jedermann.

Er nannte sich Jesus,
Für And're war er ein Depp,
Doch er zeigte Aufrichtigkeit und
Blieb sich treu'.
Vor Spott hatte er keine Scheu.

Viele Jahre war er überall im Land
Eine Erscheinung bunt,
Brachte Freude und ward gern gesehen.
Nun weiß ich mehr nicht zu berichten;
Er war mutig, so tu' ich's kund.


Wende.Hals, Wende.Angst und Wende.Mut
sahen sich an und lachten,
klarer konnten die Welt sie nun betrachten.
Und als sie gerade zum Gehen sich wandten,
sprangen die Fische im Wasser herum.
Sie ließen diese tanzen und springen frei,
an Geschichten bereichert gingen sie;
Beute zu haben war ihnen jetzt Einerlei.



Die Geschichten ähneln Bekanntem aus dem Wend.Land
erheben jedoch keinen Anspruch des Historischen.

(poetry © stepha. mara brock)